Zur Frage der verschiedenen wohltemperierten Stimmungen
Übersicht der untersuchten Stimmungen
Insgesamt habe ich folgende Stimmungen gefunden und (bis auf zwei) untersucht:
A) Die pythagoräische Stimmung: Eine Quinte wird um das ganze pyth. Komma zu klein gestimmt. Alle anderen elf Quinten sind rein. → uninteressant, weil die unreine Quinte oft stört.
B) Die gleichstufige Stimmung: Jede Quinte ist um das „Schisma“, d. h. ein zwölftel des pythagoräischen Kommas, zu klein gestimmt; → das ist die übliche Stimmung, die unauffällig ist, aber auch farblos, für mein Empfinden zu wenig lebendig – daher die Suche nach einer Alternative.
C) Die Kirnberger I (1766): Die Quinte D-A wird um fast das ganze pythagoräische Komma (pK) zu klein gestimmt (11/12 des pK). Der Rest, also 1/12 vom pK, liegt bei Fis-Cis. Der erste Fehler (11/12 vom pK) heißt „syntonisches Komma“, der zweite heißt „Schisma“. Die großen Terzen „c - e“, „d - fis“, „f - a“, „g - h“ und die kleinen Terzen „e - g“, „a- c“; und „h - d“ sollen in dieser Stimmung rein sein, der Preis dafür ist die unbrauchbare Quinte. → ebenfalls uninteressant wegen der unreinen Quinte (syntonischem Komma)
D) Die Kirnberger II (1771): Das syntonische Komma wird halbiert und auf D-A und A-E verteilt. Das Schisma bleibt bei Fis-Cis. → Die Klänge sind teils unterschiedlich, teils ähnlich. Käme auf eine Hörprobe an.
E) Die Kirnberger III (1779): Das syntonische Komma wird geviertelt und auf C-G, G-D, D-A und A-E verteilt. Das Schisma bleibt wieder bei Fis-Cis. → Das könnte interessant klingen, es gibt 22 verschiedene Akkord-Klänge.
F) Die mitteltönige Stimmung: Hier werden die Quinten so klein gestimmt, dass vier Quinten einen reine große Terz (5:4) ergeben: Die reine große Terz hat das Verhältnis 80:64 (=5:4), also muss eine Quinte das Verhältnis 4 (80/16) = 4 (80) : 2 2,9907:2 haben. Das ist 3,1% zu klein, also etwa 5 Cent statt 2 Cent bei der gleichstufigen Stimmung. Dadurch schließt sich der Quintenzirkel nicht, die letzte Quinte muss also wesentlich zu groß sein, was wieder hässlich klingt. Normalerweise liegt sie bei As-Es.
In Wikipedia wird es so erklärt:
„Werden alle Quinten mitteltönig, also um 1/4 syntonisches Komma zu eng gestimmt, ist die letzte Quinte zu weit. Eigentlich handelt es sich um eine verminderte Sexte. Diese wird „Wolfsquinte“ genannt und ist unbrauchbar. Die mitteltönige Stimmung wird normalerweise auf C-dur optimiert. Würde man das Stimmen der Quinten auf dem Grundton „c“ beginnen, wäre die Wolfsquinte „eis“(„f“) - „c“. (Der Letzte Ton der Quintschichtung muss, wie in der Grafik zu sehen, ist wieder ein „c“ sein und kein „his“, sonst gäbe es ja keine Oktave „c“ - „c“.) Damit läge das Intervall inmitten der C-Dur-Tonleiter. Um das zu vermeiden, beginnt die Quintschichtung mit einem „es“. Die Wolfsquinte ist nun „gis“ - „es“ und das unbrauchbare Intervall liegt an einem Ort, den man aus damaliger Sicht verschmerzen konnte.“ → interessant wegen der reinen Terzen, die nähere Untersuchung zeigt aber, dass die Unreinheiten zu groß werden (16 Intervalle sind zwischen 35 und 48 Cent unrein, das ist ein drittel bis ein halber Halbton). Die mitteltönige Stimmung wurde früher für Tonarten mit wenig Vorzeichen gespielt.
G) Die Werckmeister I (oft III genannt, wenn I und II für Reine und Mitteltönige Stimmung gebraucht werden, wie Werckmeister es selbst gemacht hat): Hier wird das pyth. Komma geviertelt und auf die Quinten C-G, G-D, D-A und H-Fis verteilt. Die anderen Quinten sind rein. → ähnlich wie wohltemperiert-pythagoräisch mit weniger Stufen in Dur, mehr in Moll und deutlich unreineren Quinten.
H) Die Werckmeister II (oft IV genannt, s. o.): Sieben Quinten werden unrein gestimmt:
C-G, D-A, E-H, Fis-Cis und B-F werden um 1/3 des pK zu eng gestimmt
Gis-Dis und Es-B werden um 1/3 des pK zu weit gestimmt.
Cis-Gis, H-Fis, F-C, G-D und A-E werden rein gestimmt. → interessant, aber zu viele zu unreine Intervalle (29 bis 38 Cent)
I) Die Werckmeister III (oft V genannt, s. o.): Sechs Quinten werden unrein gestimmt:
D-A, A-E, Fis-Cis, Cis-Gis und F-C werden um ¼ des pK zu eng gestimmt
Gis-Dis wird um ¼ des pK zu weit gestimmt.
Alle anderen Quinten bleiben rein.
Das ist die bekannteste Werckmeister-Stimmung und wahrscheinlich die Grundlage des „Wohltemperierten Klaviers“ von J.S. Bach. → Die Klänge sind
unterschiedlich, zum Teil den Vorzeichen folgend, allerdings nicht immer, z. B. klingen der B- und H-Dur Akkord gleich.